Die Stadt der Juden, Moslems und Christen ist ein wilder Mix aus Geschichte, alten Steinen und Bauhausmoderne. Ich bin zwar oft in Israel, bisher hatte es mich nur vor vielen Jahren im Rahmen einer Rundreise nach Jerusalem verschlagen. Wir hatten damals einen Abend und einen halben Tag Zeit, unter Anleitung eines Touristenführers die Hotspots der Stadt kennenzulernen. Hängengeblieben sind bei mir aus dieser Zeit ein wunderbares Abendessen, die Via Dolorosa (eher beklemmend) und die Klagemauer. Okay, so richtig warm geworden, war ich mit der Stadt zu diesem Zeitpunkt nicht. Dann kam im Frühling diesen Jahres die Gelegenheit, an eine Dienstreise zwei Tage dranzuhängen. Ich entschloß mich, die Zeit für eine Fototour mit einem erfahrenen Fotografen in Jerusalem zu nutzen.
Simon, ein israelischer Fotograf und Guide nahm mich unter seine Fittiche. Wir hatten uns im Vorfeld per Mail über meine Fotokenntnisse und Erwartungen ausgetauscht sowie Treffpunkt und Zeit vereinbart. Es war Shabbat-Freitag, Ramadan und das letzte Freitagsgebet in der Al-Aksa-Moschee stand bevor. Am Shabbat sollte man es tunlichst vermeiden, Juden zu fotografieren. Die jüdischen Regeln besagen, dass durch Video- und Fotoaufnahmen Neues entsteht und das ist in dieser Zeit nicht erlaubt. Außerdem war es extrem heiß und bereits in den Morgenstunden kam es zu einem blutigen Zwischenfall am Damaskustor. Ich war etwas aufgeregt. Wie sollte ich die Stimmung unter den über 260.000 muslimischen Pilgern, anderen Besuchern und Einwohnern einschätzen? Doch Simon nahm mir sofort durch seine offene, kommunikative Art die Unsicherheit.
Wir waren hauptsächlich im arabischen und christlichen Viertel der Altstadt unterwegs. An Jerusalems neuralgischen Punkten wie den Toren zur Altstadt und den Knotenpunkten zwischen den unterschiedlichen Vierteln waren israelische Sicherheitskräfte postiert – bis an die Zähne bewaffnet. Überall Gewusel und Gedränge. Man hätte denken können, dass die Nerven der Leute blank liegen. Doch es lag eher eine ruhige, gelassene Geschäftigkeit in der Luft. Das hat mich total überrascht. Simon Beni ist ein großartiger Geschichtenerzähler, Entertainer und Fotograf. Neben seinen unglaublichen Ortskenntnissen, kennt er gefühlt Jeden in der Stadt und hat auch keine Scheu fremde Menschen (unabhängig von Herkunft und Religion) anzusprechen. Das macht er mit viel Sympathie und Herzlichkeit, so dass die Meisten sich gerne fotografieren lassen. Ich habe ja eher so meine Probleme, die Kamera fremden Menschen ungefragt ins Gesicht zu halten. Simon hat bei seinen Fototouren eine gute Taktik drauf: Erst fotografieren, dann wenn nötig freundlich lächeln und die Person ansprechen. wenn das nicht hilft, Füße in die Hand…