Altes Wasserwerk Friedrichshagen
Im Südosten Berlins, direkt am Müggelsee liegt das alte Wasserkraftwerk, welches 1893 als drittes Werk nach Starlauer Hof und Tegel an den Start ging. Erster Ingenieur und auch erster Direktor war Henry Gill, ein englischer Ingenieur. 1900 war es eines der modernsten und innovativsten Wasserkraftwerke in ganz Europa. Zunächst wurde das Wasser aus dem nahen Müggelsee gewonnen und aufbereitet. Doch das genügte mit der wachsenden Bevölkerung und fortschreitenden Industrialisierung Berlins nicht mehr, so dass Anfang des 20. Jahrhunderts das Werk zusätzlich auch auf die Gewinnung von Grundwasser ausgebaut wurde. Letztendlich betrug die Kapazität 320.000 Kubikmeter Mischwasser pro Tag.1979 und 1983 wurden in Friedrichshagen zwei neue Wasserkraftwerke gebaut und die alte Anlage wurde nach 98 Jahren dann letztendlich 1991 geschlossen. Heute beherbergt eines der Schöpfmaschinenhäuser das „Museum im Alten Wasserwerk“.Das Rote Rathaus lässt grüßenDie Gebäude auf dem 55 Hektar großen Areal sind mit roten Backsteinen verkleidet und erinnern an das Rote Rathaus am Berliner Alexanderplatz. Das Museum ist absolut empfehlenswert, nicht nur für Technikfreaks, sondern auch für Naturliebhaber und Geschichtsbegeisterte.Bis 2018 betrieb der Verein Berliner Unterwelten e.V. das Museum und man konnte die ständige Ausstellung sowie das Gelände auch ohne Führung besuchen. Ende 2018 wurde der Vertrag mit dem Verein gekündigt und die Organisation von den Berliner Wasserbetrieben übernommen. Seitdem sind die Besuchszeiten eingeschränkt und man kann nur über eine organisierte, allerdings kostenfreie, Tour rein.
Blick in die Maschinenhalle des Alten WasserkraftwerkesExponat im alten WasserkraftwerkExponat (Arbeiter) in der Maschinenhalle des Alten Wasserwerks FriedrichshagenArmatur in der Maschinenhalle des Alten Wasserwerkes FriedrichshagenMaschinenhalle im Museum des Alten Wasserwerk FriedrichshagenBlick vom Seeufer auf das alte Wasserkraftwerk in FriedrichshagenGebäude mit Gartenbank des Alten Wasserwerkes Friedrichshagen
Friedrichshagen ist immer einen Ausflug wertDas alte Friedrichshagener Wasserwerk liegt direkt am Müggelsee und auch die Außenanlagen sind absolut sehenswert. Ich war an einem sonnigen Samstagvormittag dort und in zwei Stunden die einzige Besucherin. Wer noch mehr Zeit mitbringt, kann zu Fuß oder mit dem Fahrrad den Müggelsee umrunden. Bis Rahnsdorf nehmen die weniger Sportlichen die Straßenbahn . Auf der gegenüberliegenden Seeseite liegen die Müggelberge mit dem gerade wiedereröffneten Müggelturm sowie dem Teufelssee, ebenfalls sehr beliebte Ausflugsziele.Wen es trotz der schönen Umgebung schnell wieder nach Hause zieht, dem empfehle ich den Rückweg vom Alten Wasserwerk zum S-Bahnhof Friedrichshagen über die Bölschestraße. Im 18. Jahrhundert war sie gesäumt mit Maulbeerbäumen. Warum? Das ist eine andere Geschichte. Vier dieser Bäume stehen noch. Wer sie findet, kann sich ja mal melden.
Adresse:
Müggelseedamm 30712587 Berlin/Friedrichshagenhttps://www.bwb.de/de/fuehrungen.php
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Grit Lezovic
Fotografin
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Behind Faces
Im Januar 2018 war ich auf einer 15-tägigen Fototour in Myanmar. Wir besuchten viele Regionen wie Chin State, Bagan, Mandalay und Inle Lake. Die beeindruckendste Region war jedoch der Chin-Staat. Chin ist die primäre ethnische Gruppe des Chin-Staates, die viele verwandte Sprachen (etwa 40), Traditionen und sehr verschiedene Stämme hat.
Dank unseres Tourguides Win Kyaw Zan und eines regionalen Übersetzers konnten wir einen tieferen Einblick in die Kultur und das Leben der Menschen in dieser Region bekommen. Während meiner Reise traf ich starke, aber auch verletzliche Frauen, die trotz schwieriger Lebensbedingungen für ihre Familien sorgen.
Die Chin-Frauen sind für ihre bemerkenswerten Gesichtstätowierungen bekannt. Die Stämme haben unterschiedliche Tätowierungen und zwar nur bei den Frauen. Die Regierung hatte in den 60er Jahren diese Tradition verboten. Daher trifft man nur noch ältere Frauen mit Gesichtstatoos. In den sehr abgelegenen Dörfern wird es heute bei den jungen Mädchen auch noch manchmal praktiziert. Die Tätowierung ist sehr schmerzhaft. Man benutzt dazu Dornen, die dazu besonders behandelt werden.
Die Menschen in dieser Region sind sehr aufgeschlossen, freundlich und voller Lebensfreude. In den Gesichtern dieser Frauen ist das harte und schwere Leben verankert. Trotzdem sind die Frauen schön!
Facial TattoosIn January 2018 I was on a photo tour in Myanmar. We visited a lot of regions, such as Chin State, Bagan, Mandalay and Inle Lake. But the most impressive region was the Chin State. Chin is the primary ethnic group of the Chin State who have many related languages (about 40) and traditions and very different tribes and clans. During my trip I met strong but also vulnerable women who provide for their families despite difficult living conditions. The Chin women are known for their remarkable facial tattoos. The people in this region are very open-minded, friendly and full of joy of life. In the faces of these women the hard and heavy life is graved. Nevertheless, the women are beautiful! I hope that I can submit this attitude to life in my photos.
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Grit Lezovic
Fotografin
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Der Fischmarkt von Yangon
Was soll ich hier?Es ist kalt, schmutzig und Fischgeruch liegt in der Luft. Im Dunkeln stehe ich irritiert an der Straßenkreuzung irgendwo in Yangon herum und bin mir nicht mehr sicher, was ich hier soll. Win, unser Tour Operator, hatte uns zu viel zu früher Stunde aus dem Bett beordert und gemeint, wir würden einen unglaublich spannenden Ort besuchen, den Fischmarkt von Yangon in Myanmar.
Da bin ich also an diesem unglaublichen Ort, dem Mekka der Streetfotografen, die Kamera an meine Brust gedrückt und irritiert ob der um mich strömenden Menschenmassen.Zuerst sieht alles so chaotisch und hektisch aus – die Menschen rennen herum, rufen sich laut unverständliche Worte zu. Doch je tiefer ich ins Getümmel Richtung Fluss eintauche, desto mehr ergibt alles einen Sinn. Wie ein perfekt organisierter Ameisenhaufen hat hier Jeder seine Aufgabe.
Sobald die Fischerboote am Flussufer anlanden, werden sie von Hand entladen. Starke Jungs, manchmal viel zu jung für die harte Arbeit, schleppen die frisch gefangenen Fische in großen fahrbaren Stiegen vom Fluß zu den Lägern, wo sie dann an die Wiederverkäufer übergeben werden.Die Frauen bieten am Straßenrand einen Teil des Fisches in Körben potentiellen Käufern an. Für die hungrigen Arbeitenden gibt es an fahrbaren Ständen warme Speisen und Getränke sowie die beliebten Betelnüsse zu kaufen.
Der Fischmarkt ein unglaubliches ErlebnisZuerst ist es für mich befremdlich, diese Menschen durch mein Fotografieren bei der Arbeit zu stören. Als Fremde falle ich sofort auf, werde aber stets freundlich angelächelt. Ich stehe zu Beginn ganz oft im Weg herum und muss zur Seite springen. Doch nach einiger Zeit finde ich einen Zugang und kann trotz meiner blonden Haare und der hellen Haut in der Masse „verschwinden“. Dieser Besuch auf dem Fischmarkt von Yangon ist ein einmaliges Erlebnis. Und von dem hatte ich auch noch einige Zeit danach etwas – zumindest so lange, bis die Hose und die Socken gewaschen waren.
Adresse:San Pya Wholesale Fishmarket
What should I do here?It’s cold, dirty and fishy smell is in the air. In the dark, I’m confused stand around at the crossroad somewhere in Yangon and I’m not sure what to do here. Win, our tour operator, had called us out of bed too early in the morning and said we were visiting an incredibly exciting place, the Yangon Fish Market in Myanmar.So I am here in this incredible place, the Mecca of the street photographers, the camera pressed against my chest and irritated by the masses of people around me. At first everything looks so chaotic and hectic – the people are running around, shouting incomprehensible words. But when I deeper enter the ray in direction of the river, the more everything makes sense. Everyone has a role here, like a perfectly organized anthill:As soon as the fishing boats land on the riverbank, they are unloaded by hand. Strong guys, sometimes far too young for the hard work, drag the freshly caught fish in big mobile stairs from the river to the warehouses, where they are handed over to the resellers. At the roadside, women offer some of the fish in baskets to potential buyers. For the hungry workers there are on mobile kiosks hot food and drinks and the popular betel nuts to buy.The fish market an incredible experienceFirst of all, I find it strange to disturb these people at work by photographing. As a stranger, I immediately notice, but the people always smile friendly. At the beginning I often get in the way and have to jump sideways. But after some time I find an access and can „disappear“ despite my blond hair and the fair skin in the mass. This visit to Yangon Fish Market is a unique experience for me. And I had something of the visit for a while afterwards – at least until the pants and socks were washed.
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Grit Lezovic
Fotografin
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365 Tage – 12 Monate – ein Jahr
Mein persönlicher Jahresrückblick auf 2017Es ist der 31. Dezember, wir verbringen den letzten Tag des Jahres zu Hause auf dem Sofa. Zeit also, das alte Jahr Revue passieren zu lassen. Unabhängig von der unsicheren politischen Weltlage: Trump, Nordkorea, Jemen, Merkel und Co. – persönlich waren es aufregende 365 Tage. Der beste aller Ehemänner und ich hatten uns vorgenommen, 2017 viel zu erleben, zu reisen und die Zeit zu Zweit (ohne die jetzt großen Kids) zu genießen. Ich glaube, das haben wir geschafft und so schaue ich glücklich zurück und freue mich auf die kommenden 365 Tage. Hier sind meine persönlichen Highlights:
Moskau - Dobry den!
Hach, Moskau ist toll! Das Jahr 2017 starteten wir mit einer Reise über Silvester in die Hauptstadt Russlands. Schließlich musste ich ja noch einen Punkt meiner Bucketlist erfüllen: Schlittschuhlaufen im Gorki-Park. Moskau hat meine Erwartungen übererfüllt. Hier hatten wir das beste Sushi außerhalb Japans, die unglaublichste Eislaufbahn und das besinnlichste Silvester. Es sind keine Böller und kein Alkohol auf den Straßen des Stadtzentrums zugelassen. Das war sehr entspannend.
Singapur - Asien für Anfänger
Im Februar ging es mit Töchterchen ans andere Ende der Welt. Singapur ist ja das Asien für Early Beginners. Und das stimmt auch. Die Stadt schläft nie, ist super sauber und man kann lecker essen. Wir hatten ein Hotel in China Town und waren somit mittendrin im Getümmel. Fazit von uns zwei nach 6 Tagen Aufenthalt: Wir kommen auf jeden Fall wieder!
Barcelona
Im März entschieden wir spontan ein Wochenende in Barcelona zu verbringen. Wir wollten dem nass-kaltem, depressiv machendem Wetter in Köln entfliehen.In Barcelona erwartete uns Sonnenschein und 20 Grad. Bei Sangria und Iberico-Schinken verbrachten wir ein wunderbar entspanntes Wochenende.
Ostsee - immer gerne
April – Die ostdeutsche Ostsee und im speziellen dem Darß gilt meine große Liebe. Mindestens einmal im Jahr muss ich das Meer sehen. Okay, in 2017 habe ich das öfter erlebt… Der Darß ist wunderbar geeignet zu Fahrrad fahren. Er ist nicht so überlaufen wie Rügen oder Usedom und es gibt hier den schönsten, naturbelassenen Weststrand. Eine tolle Location für Fotografen.
Auszeit an der Nordsee
Mai, das Wetter in Köln war kaum zu ertragen und dank Secret Escapes ging es für ein langes Wochenende an die niederländische Nordsee. In Rockanje wollten wir die Seele baumeln lassen, mal durchlüften und viel wandern. Der Strand von Rockanje ist dafür wie geschaffen und unsere Wanderungen wurden mit Sonnenschein und blauem Himmel belohnt.
Wiedersehen in Halle an der Saale
Juni und wir haben unser alljährliches Pfingsttreffen mit Studienkollegen in Halle/Saale. Es ist schön, nach so langer Zeit meine alte Universität zu besuchen. Auf dem Campus hat sich alles verändert. Hier ist nichts mehr wie es war. Zum Glück stehen noch die alten Hörsäle und dank einer guten Freundin können wir noch einmal in die Geschichte eintauchen.
Jambo!
Juli und es war Zeit, die Welt zu entdecken. Uns zog es nach Sansibar/Tansania. Hier verlebten wir zehn wunderbare Tage, was für diese Insel viel zu wenig ist. Die Zeit auf Sansibar hat mir wieder bewußt gemacht, wie gut es uns in Europa geht. Die Menschen in Afrika kommen mit so wenig aus. Wir durften Familien kennenlernen, allesamt offen, freundlich und allem Anschein nach glücklich, die uns voller Stolz in ihr Heim aufnahmen. Zurück in Deutschland fiel mir es mir nicht leicht, wieder im normalen Alltag anzukommen. Was ich mit nehme? Hakuna Matata – das Leben ist zu kurz, um Streß zu haben.
Wo fliegen sie denn, die Ballons?
Im August/September finden jährlich die Heißluftmeisterschaften „Montgolfiade“ in Warstein statt. Um meine Fotografie-Skills zu verbessern, nahm ich an einem Workshop von Klaus Wohlmann teil. Gemeinsam mit anderen begeisterten Hobbyfotografen verfolgten wir die Starts der Ballons und das Ballonglühen um Mitternacht. Klaus – vielen Dank für den tollen Tag und wir sehen und bei einem deiner nächsten Seminare bestimmt wieder.
Tschernobyl
Oh Gott, müsst ihr da wirklich hin? Das war die Reaktion von Freunden und Verwandten, als wir erzählten, dass wir nach Tschernobyl fahren. Doch, das wollten wir. Mit eigenen Augen sehen, was dort nach 30 Jahren los ist und wie sich die radioaktive Katastrophe auf die Umwelt ausgewirkt hat.
Berlin, Berlin - wir fahren nach Berlin!
Im Oktober/November war ich (glaube ich) fast jede Woche einmal in der Hauptstadt. Meist beruflich, aber ich hatte auch Zeit, meine Eltern zu besuchen. Ende Oktober, Anfang November gab es dann auch die Gelegenheit, einen fotografischen Streifzug durch Ostberlin zu unternehmen und die altbekannten Wege völlig neu zu entdecken. Einmal mehr zeigt mir diese Zeit, dass ich in Berlin fest verwurzelt bin und die Sehnsucht mich immer wieder nach Hause treibt. Irgendwann bin ich wieder fest hier, versprochen! Ein Koffer steht schon in Berlin.
Jahresendspurt
Der Dezember ist für mich immer der stressigste Monat des Jahres. Projekte müssen abgeschlossen, die Geschenke für Weihnachten eingekauft werden und der obligatorische Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt mit oder ohne Arbeitskollegen, Familie, Bekannten etc. steht an. Ein Monat zum durchdrehen, also. Trotzdem gab es auch schöne Momente. Zum Beispiel der Besuch von Verwandten in Angeln/Schleswig-Holstein. Ich hatte mir dafür die einzigen Tage mit Schnee und Sturm ausgesucht. Trotzdem war es toll, die Zwei nach so langer Zeit wieder zu sehen. Und die Gewissheit festigte sich, dass Familie und Freundschaft das Wichtigste im Leben sind.
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Grit Lezovic
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Kiew – die Mutter aller russischen Städte
Kiew an einem TagIm Rahmen unserer Urbexplorer Tour nach Tschernobyl im September 2017 hatte ich die Gelegenheit, Kiew, die Mutter aller russischen Städte, für einen Tag zu besuchen.Kiew ist seit der Unabhängigkeit 1991 die Hauptstadt der Ukraine und mit ihren 2,9 Millionen Einwohnern auch die größte Stadt des Landes. Wer schon einmal in Moskau war, wird mir zustimmen. Kiew sieht aus wie die kleine Schwester. In den Außenbezirken erkennt man noch die Nachwirkungen des zweiten Weltkrieges – die Stadt wurde stark zerstört. Und leider ergibt sich nach meinem Eindruck kein Plan für die städtebauliche Konzeption bzw. Entwicklung. 50er und 70er sowie ultramoderne Gebäude geben sich ein wildes Stelldichein ohne irgendeine Logik. So wirklich schön ist das nicht.
Einen schönen Blick auf den Dnepr hat man von den Hügeln des Nationalen Museums für Geschichte der Ukraine im südlichen Außenbezirk des Stadtteils Petschersk. Hier bekommt man auch ein Gefühl dafür, wie stolz und verbunden die Ukrainer mit Ihrem Land sind. Die Mutter-Heimat-Statue im Zentrum der Anlage ist die besucherstärkste Sehenswürdigkeit und wacht über Land und Leute.Nicht weit entfernt befindet sich das Kiewer Höhlenkloster. Der Klosterkomplex ist UNESCO-Weltkulturerbe und beherbergt eine Vielzahl von wunderschönen Kirchen und Museen und ist unbedingt sehenswert.Am Abend ging es dann auf den Majdan oder richtigerweise Majdan Nesaleschnosti. Denn Majdan bedeutet Platz oder Marktplatz. Der Ort erlangte Berühmtheit durch die Orange Revolution im Jahr 2004. Auch 2013 und 2014 war er Versammlungsort für den politischen Protest. Heute erinnert direkt auf dem Platz nichts mehr an diese Zeit. Im Umreis des Majdan gibt es aber Fotos der Gefallenen an denen Blumen abgelegt werden. Panzersperren hier und da zeigen, dass die Konflikte noch nicht lange her sind.Leider hatte ich nur einen Tag Zeit, um Kiew kennenzulernen. Ich komme aber auf jeden Fall noch mal wieder, versprochen. Es sind ja nicht nur die Straßen und historischen Orte, die eine Stadt oder Region ausmachen, sondern auch die Personen. Und diese waren mir auf Anhieb sympatisch.
Eine kleine Anekdote am Rande: Auf dem Weg in die Metro überholten uns zwei Jungs, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, in rasendem Tempo. Der eine nahm verbotenerweise die stillgelegte nach unten führende Rolltreppe (sehr tief nach unten gehend…), der andere stoppte die Zeit. Unten angekommen, gab es einen lautstarken „Anschiss“ von der Kontrolleurin, die ihn aufforderte, wieder nach oben zu laufen und die richtige Rolltreppe zu nehmen. Wir kamen aus dem Grinsen nicht mehr raus. Die Jungs haben sich dann auch kleinlaut entschuldigt. Im Zug bot der Junge dann einem älteren Herrn von sich aus seinen Platz an. So geht es also auch.
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Grit Lezovic
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Tschernobyl – Reise zu den Geistern
Damals…Im April 1986 – ich 17 Jahre alt und im ersten Ausbildungsjahr an einer Berufsschule mit Internat im Osten von Berlin. Wir hörten heimlich auf den Zimmern West-Radio. Der RIAS war problemlos zu empfangen und hatte die bessere Musik. Daher lief das Radio am Sonntagabend. In den Nachrichten brachten sie eine Mitteilung über einen Reaktorunfall in der Sowjetunion. Wir diskutierten an diesem Abend lange über die Situation und wussten, dass dieser Unfall auch Einfluss auf unser jetziges und zukünftiges Leben haben wird. Von den DDR-Medien war zu dieser Zeit nichts darüber zu hören. Es wurde totgeschwiegen.Nächster Montagmorgen – erste Stunde Sport. Unser Lehrer, ein ehemaliger NVA-Offizier, verordnete 5 km Waldlauf unter dem Motto: „Nicht dass ihr denkt, ich schere mich um die aktuelle Lage. Frische Luft ist gesund!“ Mehr wurde darüber nicht gesprochen und das Thema generell unter den Tisch gekehrt. Ich weiß nicht, ob diese Sportstunde einen Einfluss auf meine Gesundheit hatte. Ich habe noch viele Jahre danach Joggen mit diesem Ereignis verknüpft und es gehasst.Bei uns war die Welt also auch danach noch in Ordnung. In Westberlin und der BRD nicht. Plötzlich gab es Unmengen an frischem Gemüse: Grüner Salat und Gurken – im Frühjahr! Jeder wusste, dass in Westdeutschland Niemand das (offensichtlich) verstrahlte Gemüse und Obst anrührte. Wir auch nicht. Es war eine Zeit der Gerüchte und Vermutungen und wir hatten Angst. Was würde die Zukunft bringen?Die DDR war bis 1989 in permanenten Kriegszustand. Das erfuhr ich allerdings erst nach der Wende. Mit 14 lernten wir, wie ein sicherer Unterschlupf für den Katastrophenfall zu bauen ist. Mit 16 robbten wir mit Gasmasken durch die Natur – eine Kombination aus Survivals- und Pfadfindertraining. Mit dem kalten Krieg lernten wir umzugehen. Eine Katastrophe durch die „guten“ Atome – das war nicht vorgesehen. Das Unglück von Tschernobyl wurde zur größten technologischen Katastrophe des 20. Jahrhunderts.Heute…31 Jahre später mache ich mich mit 11 anderen Unerschrockenen auf den Weg nach Tschernobyl. Das Gebiet ist in zwei Zonen eingeteilt. In der 30 km Zone leben noch ca. 2000 Menschen, die hauptsächlich im Kraftwerk arbeiten. Hier ist auch das einzige Hostel zu finden, in dem wir zwei Nächte verbringen. In der 10 km Zone liegt die heutige Geisterstadt Pripyat, ca. 4 km entfernt vom Reaktor 4. Vor der Katastrophe muss Pripiyat eine sehr lebenswerte Stadt für ihre 50.000 Einwohner gewesen sein: Ein nie fertig gestelltes Stadion, eine Schiffsanlegestelle, Kino, Kulturhaus, Schwimmbad, Rummelplatz sowie zahlreiche Sporthallen, die Einwohner hatten viele Möglichkeiten. Heute sehen noch viele Häuser aus wie am Tag der Evakuierung, trotz Plünderungen und Vandalismus.
Heute ist die radioaktive Strahlung direkt am Reaktor in einem akzeptablen Bereich
Im Krankenhaus stehen die Babybetten in Reihe als wäre nichts passiert. Wir wandern über kaum erkennbare Straßen und Wege. Die Natur hat sich Raum zurückerobert. Die einstige Hauptstraße ist mit Bäumen und Sträuchern zu gewuchert und nicht mehr erkennbar. Wenn man mit den Füßen das Laub und den Humus wegschiebt, kommt der Beton zum Vorschein. Es ist still, sehr still. Nur vereinzelt hört man ein Zwitschern. Wo sind die Vögel? Bienen und Wespen sucht man ebenfalls vergebens. Das leise Ticken des Messgerätes am Hosenbund wird nur ab und zu unterbrochen von einem hektischen Fiepen, wenn die radioaktive Strahlung über dem Grenzwert liegt. Hier kann ich mich nicht auf meine Sinne verlassen. Denn radioaktive Strahlung kann man nicht riechen, sehen oder schmecken. Ich laufe quasi blind durch die Gegend. Tiere sollen die Gefahr ja spüren, ich verlasse mich auf den Geigerzähler. Tatsächlich ist die Strahlung unregelmäßig. Es gibt sogenannte Hotspots, die schlimmsten sind mit einem Warnschild versehen. Die Hauptwege und umliegende Gebäude wurden dekontaminiert, so dass man sich gefahrenfrei bewegen konnte.
In drei Tagen, nach vielen Kilometern Weg und etlichen Stockwerken sind mir die Schicksale der Menschen in Pripyat und Umgebung näher. Ich wünschte ich könnte mich nur für einen Augenblick 35 Jahre in die Vergangenheit zurück beamen und Szenen des täglichen Lebens beobachten. Besonders stark ist dieses Gefühl im Kindergarten. Hier stehen noch die Spielzeugautos auf dem Tisch und Kinderschuhe im Schrank. Es muss ein schönes Gebäude gewesen sein – offen und hell.Abends ab 18 Uhr gehört Pripyat wieder den Geistern. Niemand darf sich über Nacht dort aufhalten. Bevor wir die 10 km Zone verlassen, werden Fahrzeug und Mensch auf Radioaktivität untersucht. Nach 3 Tagen haben wir eine errechnete Gesamt-Strahlendosis von ca. 29 Microsievert aufgenommen. Gut, dass in diesem Jahr kein Langstreckenflug mehr ansteht.
Die Reise wurde organisiert von urbexplorer.com und fand im September 2017 statt. Marek & Marek – herzlichen Dank für die tolle Organisation.
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Grit Lezovic
Fotografin
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